Der Garten # 01 - Ingolf WatzlawIngolf Watzlaw
Der Garten # 01


 
“You will find me if you want me in the garden
Unless it’s pouring down with rain (…)”
Alexander Hacke / Blixa Bargeld / Andrew Chudy | Einstürzende Neubauten

 
Vom Paradies 01
 
Wäre der Paradiesgarten auf einer Insel gelegen, Gott hätte die Menschen nicht vertreiben können.
Die Flucht über’s Meer wäre ihr sicherer Tod gewesen.
Schiffe hatten sie damals keine und schwimmen konnten sie ohnehin nicht gut.
So sind sie, stur wie sie immer schon waren, geblieben und ignorierten einfach Gottes Aufforderung doch endlich zu gehen.

Gott indes hatte irgendwann genug vom Ungehorsam und von der Sturheit der Menschen und ist selbst gegangen.
Aber es hat ihn natürlich gewurmt. Also hat er es regnen lassen: tagelang, wochenlang, monatelang und als fast alles überflutet war und nur noch ein kleiner Teil der Insel auf der sich der Garten befand im Trockenen lag, hat Gott sich der Menschen erbarmt und ein ihnen ein Boot geschickt.
Die Menschen bestiegen das Boot und irrten lange Jahre über die Meere, bis sie schließlich irgendwo an festes Land getrieben wurden, wo sie einen neuen Garten anpflanzten, den sie dann schnell mit einer Mauer umgrenzten, damit Gott nicht hineinkommt und sich wieder mit neuen Anweisungen wichtig macht.
Diesen Garten nannten sie Paradies. Wo er genau lag weiß heute niemand mehr. Seither treibt uns Menschen aber die Sehnsucht nach umzäunten Gärten um.
Uns so ist es gerade diese Sehnsucht die dazu führt, dass einige Jägerzäune um ihre Gärten ziehen, andere sogar Zäune um ganze Länder zu ziehen, koste es was es wolle. Nur wenige wissen, das von Gott ohnehin nicht mehr viel zu befürchten ist, dieser ist längst im Ruhestand und hat sich in seinen eigenen himmlisch umzäunten Garten zurückgezogen.